Unsere Art, unser Charakter lässt sich nach vielen Gesichtspunkten beurteilen und bewerten. Hier ein eher unüblicher Ansatz:
Versuch vielleicht mal zu beobachten, ob Du bei Problemen zur ‚inneren’ oder ‚äußeren’ Lösung tendierst. Ob Du lieber alles selber erledigst, ev. Deine Bedürfnislage änderst oder ob Du eher Arbeiten vergibst, auf Deinen Bedürfnissen bzw. deren Befriedigung beharrst.
Natürlich ist beides legitim. Bloß leben wir in einer so extremen ‚Außen- Lösungs- Welt’, dass uns die Wiederentwicklung unserer ‚Innere- Lösungs- Kompetenz’ nur nützen könnte.
Sieht man sich das Tierreich und damit unsere eigene Vergangenheit an, wird deutlich, dass hier praktisch alles selber gelöst wird. Da stehen Enten ohne Schuhe und Socken auf dem Eis, da wird gefressen wie es erlegt wurde oder gewachsen ist, da laufen Tiere problemlos durch sengende Hitze und sitzen im Regen auf Ästen.
Unsere Zeit und Gesellschaft ist ziemlich das genaue Gegenteil. Wir verändern praktisch alles, passen alles unseren Bedürfnissen an. Wir klimatisieren unsere Räume, planieren unsere Landschaften, lassen uns fahren und fliegen, wir kochen, verarbeiten, färben und aromatisieren unsere Nahrung, grenzen ab durch Mauern, durchbrechen Berge, beschatten und beleuchten uns, und, und, und.
Was wir uns damit eingehandelt haben, wie sehr wir damit unsere ursprünglichen Regelungs- Fähigkeiten verloren haben, wie sehr wir uns damit geschadet haben, dämmert erst wenigen.
Es ist wunderbar, sich zu beobachten, seine Bedürfnisse genau zu kennen und zu erspüren. Aber versuch dennoch mal, etwas von Deinem Ego- Trip, dass alles haarklein Dir angepasst sein muss, runterzukommen. Lass Dich überraschen von anderen, neuen Geschmäckern, von der Reaktion anderer auf Dein geändertes Outfit oder Verhalten, von den Geschichten völlig uninteressanter Menschen, etc.
Versuch Dich in Arbeiten, die Du noch nie gemacht hast, nimm neue Herausforderungen an. Geh zu Fuß, wohin Du sonst mit Auto, Bus oder U- Bahn fährst. Sprich Leute an, mit denen Du noch nie Kontakt hattest. Geh zu Veranstaltungen, die Dir bisher völlig fremd waren.
Und versag Dir, umgekehrt, mal das Gewohnte. Verzichte auf einen Kaffee, auf ein make-up, auf den Lift, auf das Auto, auf die tägliche Routine.
Versuche, die ‚innere Lösung’ auf möglichst viele Bereiche auszudehnen. Du gewinnst dadurch, Du stärkst Dich, Du härtest Dich ab, Du lernst Neues dazu, Du wirst neue Erfahrungen machen.
Da sagst du was.
Es ist ein Kampf zu verändern, fort zu schreiten, seine Umwelt sich anzupassen, anstatt sich dieser Umwelt.
Es ist unser Weg, so sind wir.
Ach, laut Evolutionstheorie müssten wir demnach – demnächst – aussterben. 😉
Bedürfnisse erspüren… ja, du hast recht.
Ich spreche für mich, wenn ich sage, dass mir das sehr schwer fällt. Zu sehr eingebrannt sind Regeln, Verhaltensmuster und und und…
Es ist immer dieser kleine – riesengroße – Schritt, der eine, mit dem alles beginnt, den ich nicht gehe, den ich „verschiebe“, auf ein Morgen, das dann wieder dieses Jetzt ist, in dem ich nicht losgehen kann.
Deine Worte erinnern mich, dass es mal anders war und ja, es war unglaublich schön. Die vielen kleinen Wunder, wie du schreibst, die sind mir begegnet und ich war selbst ein Wunder.
Ich merke gerade, ich hab mich wieder verloren.
Ich bin jetzt echt sehr traurig.
Danke für deine Worte.
ghore
Ich bitt‘ Dich! Du BIST noch immer ein Wunder!
Auch hast Du Dich m.E. nicht ‚verloren‘ sondern einen schönen Kommentar geschrieben.
Ja, und nochmal Danke.
Es ist schwer, den Himmel nicht zu vermissen, wenn man ihn einmal gesehen hat.
Viel Bewegung in frischer Luft bewirkt oft Wunder, man fühlt sich einfach besser. Bei uns in den Bergen kommen noch die herrlichen Panoramaaussichten dazu, Herz was willst du mehr? Und die Angst meiner Freundin vorm „Fuchsbandwurm“ hat mir heute oben auf der Höhe wieder leckere kleine Wild-Himbeeren beschert, habe noch niemals so ein optimales Aroma bei den „gekauften“ erlebt.
Der Mensch ist nunmal zum Laufen gemacht, Zufall daß sich nach einer mehrstündigen Tour am Ende eine Art Euphorie einstellt? Sicher nicht, der Körper bedankt sich auf diese Art.
Nur – der Mensch will nicht Einhalt gebieten und umkehren (außer paar wenigen, zu denen wir ja auch zählen) er will immer mehr, immer höher, schneller und merkt garnicht, daß er schon lange das Ziel überschritten hat.
Beispiel: unser kleines beschauliches Berchtesgaden. Man hat mitten in der Altstadt das alte Hotel zur Post abgerissen und einen alles dominierenden 4-Sterne-Kasten hingesetzt. Alles neue muß immer einige Nummern größer und riesiger sein und angeblich waren alle mit diesem Wellneß-Tempel einverstanden.
Ein Vers von Eugen Roth:
Ein Mensch gelangt mit Müh und Not vom Nichts zum ersten Stückchen Brot,
vom Brot zur Wurst gehts dann schon besser, der Mensch entwickelt sich zum Fresser
und sitzt nun scheinbar ohne Kummer als reicher Mann bei Sekt und Hummer.
Und sieh, zu Ende ist die Leiter, vom Hummer aus gehts nicht mehr weiter.
Beim Brot so meint er war sein Glück, doch findet er nicht mehr zurück.
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Ersetzt man das Brot durch den Begriff „Früchte oder Wildpflanzen“ paßt es natürlich noch besser.
Herrlich das Gedicht! Danke!
Seit ich sein
Was bringt den Doktor um sein Brot?
a) die Gesundheit, b) der Tod.
Drum hält der Arzt, auf daß er lebe,
Uns zwischen beiden in der Schwebe.
entdeckt hab, ist der Eugen Roth ohnehin mein Liebling … 🙂