Eine Frau wurde vergewaltigt.
Eine schreckliche Tat, eine furchtbare Situation, unendliches Leid.
Ein hochemotionales Thema, dem eine etwas sachlichere, kognitivere Ergänzung nützlich sein könnte, wie ich denke.
Was ist zu tun?
„Furchtbar, Dein Erlebnis! Ich fühl mit Dir“ mit „Solche Verbrecher gehören hinter Schloss und Riegel“ und dann zur Tagesordnung übergehen?
Nein, sicher nicht!
Das ist die Version der schlichten Reflexmenschen, das System das Viktor Frankl Reiz- Reaktions- Modell nannte. Dieses System hatte schon 1000e Aug-um-Aug- Jahre seine Chance und hat sie nicht genutzt. Denn Vergewaltigungen passieren und zerstören noch immer! Gewalt, Verurteilungen und Strafen konnten – in diesem Fall männliche – Gewalt nicht unterbinden, weibliches Leid nicht vermeiden.
Ich schlage vor, zwischen Reiz und Reaktion eine neues kognitives Element zu schalten. Es sollte sich aus zwei Elementen konstruieren:
Was könnte dieser missbrauchten Frau persönlich und konkret helfen?
Welche Maßnahmen könnten derartige Übergriffe in Zukunft verhindern?
Zur konkreten Soforthilfe:
Falls nötig, medizinische Versorgung
Empathisches Mit-ihr-sein in dem Maße, wie sie es wünscht/ braucht. Das ist unsere natürliche und einfachste ‚Spiegelneuronen- Reaktion‘ und auch logisch gerechtfertigt. Denn niemand unserer Mitwesen soll im Gefüge von Sozialwesen, die wir sind, leiden!
Leider wird in unserem Alltag dieses Sozialgefühl bereits heftig mit Füßen getreten und damit Schritt um Schritt abgebaut, durch
– das Töten von Tieren für läppische Gaumenkitzel,
– Abschieben von Kindern und Alten,
– Druck an Arbeitsplätzen,
– Abstumpfung durch Filme und Medien,
– Gefühlskälte gegenüber Hungernden und Flüchtenden,
– ja sogar das Blindsein gegenüber unserer Mitverursachung an Hunger-, Kriegs- und Flüchtlings- Phänomenen.
Damit geht es bereits ins zweite Element; ‚wodurch könnten Vorfälle gegen unsere Sozialnatur künftig verhindert werden‘.
Ich stelle zur Diskussion:
Neusensibilisierung der ganzen Gesellschaft für das Leid anderer (siehe o.g. Beispiele)
Die Weitung der Reiz- Reaktions- Sicht:
JEDE Handlung, jedes ‚Missverständnis‘ hat eine URSACHE, die gesehen werden muss und will
ALLE Beteiligten einer Eskalation haben zu ihr BEIGETRAGEN
das gesellschaftliche System, die kulturelle Ausrichtung ist im Problemfall IMMER ‚Mittäter‘
Beispiele für Neuansätze:
Enttabuisierung unserer Geschlechtlichkeit. Die Überhöhung von Vagina und Penis gegenüber anderen Körperteilen beruht auf rein willkürlicher Sozialisation. – Und schafft erst die Missbrauchsfälle, ist Teil der seelischen Verletzungen.
Selbst in dieser derzeitigen Tabu- Gesellschaft sollten und können solche Überlegungen persönlich und individuell – frei nach Joki Kirschner – in guten Zeiten durchdacht werden, ‚um sie zu haben, wenn man sie braucht‘.
Beispiele wie sehr der Schmerz, das Leid, die Angst ausschließlich ‚im Kopf‘ sitzen finden sich in anderen Kulturen (J. Liedloff’s Yequana) und salutogenetisch gelungenen Beispielen auch in dieser Gesellschaft (V. Frankl) zuhauf. Jedermensch ist es möglich diese zu erlernen!
Moral hin, Gerechtigkeit her, mensch kann’s nun einmal drehen wie er will: Je heftiger er auf einer, auf seiner Position beharrt, desto mehr Reibung wird er erzeugen. Hält er diese locker aus, soll er sich gerne behaupten. Geht das über seine Kräfte, zerbricht er daran, war er ein Dummkopf.
Es ist nicht so, dass Juristen, Therapeuten, Ärzte ausschließlich die großen Helfer sind. Sie leben davon bis reiben sich erfreut die Hände über Menschen, die noch nicht gelernt haben, im Wildwasser des Lebens, federgleich angepasst zu schwimmen. Sie ‚helfen‘ denen die meinen, diesem mächtigen Strom ihre persönliches Maröttchen entgegenstellen zu müssen.
Auch Vergewaltiger sind Opfer dieser verlogenen Gesellschaft, in der die mögliche Kanalisierung männlicher Potenz vorgegaukelt wird! Männliche Sexualkraft ist Teil des Lebens, sicherte uns Jahrmillionen das Überleben. Jede Frau sollte gelernt haben, WIE mächtig und drängend sie für Männer und wie heftig sie für Frauen und völlig ungeeignet für ‚Spielchen‘, ‚Experimente‘, ‚Gedankenlosigkeiten‘ oder ‚Erpressungen‘ sie sein kann.
Jeder Mann sollte gelernt haben wie frau empfindet, wie sensibel frau ist, was frau verletzt. Pointierte Schulsystem- Kritik: Wann Napoleon seine unsäglichen Schlachten schlug wird gelehrt. Wie das andere Geschlecht ‚tickt‘ wissen selbst viele ‚Erwachsene‘ noch nicht!
Das Leid vergewaltigter Frauen wird nicht nur durch o.g. Sozialisationen verursacht, sondern durch gesellschaftliche Konventionen auch noch weiter ausgedehnt. Behördenwege, Vernehmungen, Therapien, gesellschaftliches Mitleid, religiöse Schuldzuweisungen, etc. verlängern und intensivieren das Leid völlig unnötig, im Namen einer vorgeblichen Gerechtigkeit und falsch verstandener Hilfe.
Das häufig gepflogene, weibliche ‚Kindchenschema- Spiel‘ verschafft frau viele Vorteile, hat aber auch seinen Preis und frau geschwächt. Aus Tierbeobachtungen ist bekannt, dass natürlich wehrhafte Weibchen kaum zu vergewaltigen sind.
Die Macht unserer Gedanken ist leider noch weitestgehend unbekannt. Gedanken und Sprache schaffen Wirklichkeiten. Deshalb ist es zwar zu begrüßen wenn solche Themen in die Öffentlichkeit gebracht werden. Nicht jedoch destruktiv, mit Details und Gräueln, sondern in Form diskutierbarer konstruktiver, positiver Beiträge.
Unabhängig davon, wie brauchbar oder dumm meine obigen Gedanken vielleicht sind:
Für mich bleiben die Fragen:
Wollen wir wirklich Gesellschaftskonventionen beibehalten, die soviele Menschen verletzt, gedemütigt, unbefriedigt und frustriert zurücklässt?
Wollen wir tatsächlich unnötiges Leid auch noch aus Geschäftsinteressen und falsch verstandener Hilfestellung ausweiten?
Oder schaffen wir den Sprung in ein naturrichtiges, natürliches System?