Einsame Zweisamkeit

So üblich und selbstverständlich unsere Exklusiv- bzw. Paar- Beziehungen sind, so sehr wir Hoch-zeiten feiern und uns mit den Jungvermählten freuen, so üblicher und häufiger Single- Lebensmodelle werden, so sehr leidet unsere Seele darunter.
Zu lange schon leben wir Kleinfamilienmodelle um auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, ob diese Enge und Mindergesellschaft tatsächlich unseren inersten Bedürfnissen entspricht.
Auf der feststofflichen, körperlichen Ebene zeigt uns unser Körper, der weder lügt noch sich von neuen Ideen oder Werbe- Einflüsterungen so leicht beeinflussen lässt, wie unser Gehirn, wo es langgeht. Er reagiert auf nicht artgerechtes fast food, auf Braten und Cremeschnitten mit Adipositas, Darmkrebs und Karies und fühlt sich mit Rohernährung pudelwohl und bleibt lebenslang dauergesund.
Etwas anders verhält es sich mit unserer ‚Software‘. Was unsere Psyche betrifft, dauert es länger bis sie körperlich bzw. in Erkrankungen manifest wird.
Man ist eben vorerst etwas weniger zufrieden. Doch auch daran gewöhnt man sich oder merkt es nichtmal, dass man nur mit ‚halber Kraft‘ fährt, da man so sozialisiert wurde und alle anderen ja auch so leben.
Doch warum gehen so viele Partnerschaften schief je bewusster wir werden, warum gibt es so viel Gewalt in Familien, warum suchen die Menschen jetzt wieder vermehrt Nähe über Partnerbörsen?
Ein Blick zu den Primaten zeigt uns wie unsere Vorfahren Jahrmillionen gelebt haben: In Gruppen.
In überschaubaren Gruppen von vertrauten Individien aller Altersgruppen.
Danach haben wir auch heute noch ein Ur- Bedürfnis, auch wenn wir es uns nicht mehr vorstellen können und unsere Unabhängigkeit hochhalten.


Eine Gruppe sendet z.B. an ein neugeborenes Mitglied von Anfang an andere Signale und schafft andere Werte und Gefühlslagen, als eine Mutter, die bloß zu Wickel und Fütter- Zeiten, oder ein Vater, der überhaupt nur 1x täglich für eine Stunde, auftaucht und eine Kindergärtnerin, die plötzlich da, eine Mutter die plötzlich verschwunden, ist oder Lehrer die völlig inkontinuierlich wechseln. Auch Arbeitskollegen und Chefs sind nur ein Aufblitzen im gesamten Lebensfluss und keine gewachsene vertraut, harmonische Erscheinung.
Natürlich will ein jungverliebtes Paar Distanz von seiner Gruppe, doch sie sind sozusagen aus ihr hervorgegangen und fügen sich nach der ‚heißen Phase‘ auch wieder in sie ein.
Ein Menschenpaar aber, reißt sich aus seiner Stamm- Familie und Umgebung heraus und zieht sich in seine eigene Exklusivität zurück, in der beide überzeugt davon sind, dass der jeweils andere nun 100% ihrer Bedürfnisse abdecken wird, was natürlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. In einer Gruppe ist das kein Problem, da gibt es für alle Eventualitäten, Probleme und alles gemeinsame Freuen, Partner.
Für Menschenkinder ist es eine noch größere Katastrophe. Es gibt kaum noch Kontinuitäten, sie werden einmal dahin, dann wieder dorthin verschoben. Was bei Primaten ‚aus den Augenwinkeln‘ und nebenbei von Anderen und Älteren gelernt wird, muss jetzt durch Erziehung oder in reglementierter Form in Kindergärten, Schulen und Kursen gelernt werden.
Was unseren frühen Vorfahren unverbrüchliche Sicherheit und Vertrauen gab, was in der Salutogenese als Kohärenzgefühl als so wichtig für unsere Gesundheit und Zufriedenheit erkannt wurde, fehlt uns Zivilisationsmenschen meist völlig. Wir haben unzählige Ängste, fürchten uns vor Katastrophen und Schicksalsschlägen und wähnen die Zukunft und Mitmenschen als gefährlich und unsicher.
In einer vertrauten und von Anfang an bekannten Gruppe erlebt man sekündlich Geborgenheit. Hier wächst ganz selbstverständlich ein Urvertrauen in die Zukunft und in die Mitmenschen.
Diese Vertrautheit in der Gruppe fördert auch die körperliche Nähe und Zuwendung, nach der wir Heutigen so sehr ausgehungert sind. Wenn man sich unsere Kennenlern-, Begrüßungs- und Näherkomm- Rituale ansieht, ist es zwar verständlich, dass der Umgang Fremder irgendwie geregelt werden muss, aber ist es eigentlich nur zum Weinen lachhaft, wie sich Wesen, die im Prinzip alle Eins sind sich künstlich distanzieren.
Sich diese Herzlosigkeit und Seelenkälte erstmal bewusst zu machen und zu beobachten ist bereits ein erster Schritt zu mehr Nähe, Vertrautheit und Liebe des Nächsten und seines Umfeldes.
Im Paradies fühlen wir uns nicht mehr getrennt, sondern als Einheit, in der jedes Glied wichtig und von allen anderen liebevoll angenommen ist. Zu diesem Zustand, zu dieser Einstellung sollten wir langsam wieder hinkommen. In diesem Sinne:
paradise your life !

 

2 Responses to Einsame Zweisamkeit

  1. ghore sagt:

    Ich erinnere gerade einen Zoo.
    Nun gut, es ist ein Zoo und es bleiben eingesperrte Lebewesen, von uns, bei meinen Besuchen auch für mich, eingesperrt.
    Ich schaue mir die Schimpansen immer lange an, manchmal Stunden. Es ist, wie du es beschreibst.
    Was mich am meisten beeindruckt ist, dass auf eine Aktion unverzüglich eine Reaktion folgt. Ich könnte auch sagen, beides ist von einander nicht wirklich zu unterscheiden. Es fließt ineinander und miteinander, eine Gruppe, ja, wie ein Lebewesen.
    Auch Freude und Ärger sind vollkommen da. Freude wird genau so ausgiebig gezeigt, wie Ärger und da ist Platz, selbst um Frust augenblicklich zu zeigen, zu leben.
    Es ist einfach und oft kommen mir diese Wesen, die mir doch so ähnlich sind, selbst hinter diesen kalten Gittern, freier vor, als ich es je war und bin.

    • payoli sagt:

      Boooaaaahhhhh …
      Tief hab ich schon den Hut gezogen vor Dir!
      Du bist ja eine selten gute Beobachterin.
      Ich seh es ähnlich wie Du. Im Hier und Jetzt zu leben ist mehr Freiheit und pures Leben als alle ‚gitterlose Menschen- Freiheit‘.

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